Ein starker Wirtschaftsfaktor

wochenblatt.pl 1 tydzień temu

Vertreter verschiedenster Fachrichtungen sind am Freitag, den 12.04.24, in der Universität Oppeln zusammengekommen, um zu diskutieren, welchen Einfluss die deutsche Sprache auf die wirtschaftliche Entwicklung der Woiwodschaft hat, wie man das Bildungssystem diesbezüglich verbessern und wie die Gestaltung eines innovativen sprachlichen Hubs aussehen könnte.

Jeder Teilnehmer der Konferenz hatte eine andere Antwort auf die Frage, wie er Deutsch gelernt hat: Als Kind durch deutsches Fernsehen, durch deutschsprachige Verwandtschaft oder ganz klassisch auf dem Bildungsweg und durch ein Germanistik-Studium. Doch alle hatten die gleiche Antwort, als es um die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Oppeln ging: Das Erlernen deutscher Sprachkenntnisse muss gefördert werden. Vertreter aus Wirtschaft, Kommunen und Wissenschaft haben über den Status Quo debattiert und erläutert, was geschehen muss, um den großen Vorteil ansässiger deutschsprachiger Arbeitskräfte in Oppeln zu erhalten.

Beginn der Konferenz- Manuela Leibig

Tomasz Śląski, Operation Manager bei Capita, einem Unternehmen für Beratung, Transformation und digitale Dienstleistungen, hat ein kurzes Statement zur Konferenz beigetragen. Ihm ist vor allem die Qualität der sprachlichen Ausbildung wichtig. Oppeln sei einer von drei Standorten des Unternehmens in Polen, welcher noch ein enormes Wachstumspotenzial biete. Dies gehe nur mit dem richtig ausgebildeten Fachpersonal – sowohl auf sprachlicher als auch auf fachlicher Ebene. Durch den direkten Kontakt mit der Universität Oppeln erhofft sich Śląski einen Anstieg der Studierendenzahl und branchenübergreifende Kooperation zwischen den ansässigen Unternehmen und den Studenten. Eine innovative Plattform, wie die Konferenz am vergangenen Freitag, sei ein erster Schritt in diese Zukunft.Das bestätigte ebenso Damian Gryga, Head of Delivery Center bei Capgemini, einem führenden Unternehmen für Beratung und Unternehmensführung im IT-Bereich. In frühster Kindheit hat er in seinem Elternhaus Deutsch gelernt und profitiert noch heute davon. Denn alle fachlichen Kompetenzen hat er auf seinen Sprachkenntnissen aufgebaut und konnte sich so für eine Führungsposition qualifizieren.

Arbeitnehmermangel
Neben all den Vorteilen, die sich die Region schon erarbeitet hat, bietet der Wirtschaftsstandort Oppeln leider noch zu wenig Arbeitnehmer mit guten Sprachkenntnissen. „Das liegt zum einen am schlechten Ruf der deutschen Sprache, zum anderen aber auch daran, dass die jüngere Generation einfach keinen Zugang zu diesen Kompetenzen erhält“, so Gryga. Da im Elternhaus sehr selten und in den Grundschulen nur wenig oder mancherorts qualitativ schlechter Deutschunterricht angeboten wird, sei es nicht verwunderlich, dass auf dem Arbeitsmarkt die deutschen Sprachkenntnisse eine knappe Ressource sind.

Podiumsdiskussion – Manuela Leibig

„Wir müssen lernen, stolz darauf zu sein, deutsche Sprachkenntnisse zu besitzen und daraus in Oppeln einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen zu können. Zugleich müssen wir lernen, stolz auf die deutsche Minderheit zu sein – diese Nachricht muss bis nach Warschau dringen“, erklärt Gryga. Er wünscht sich den Einzug der deutschen Sprache in den Alltag von Kindern, ob es eine zweisprachige Erziehung ist oder qualitativ hochwertiger Unterricht in Kindergärten und Schulen. Langfristig ist eine gute zweisprachige Ausbildung sowohl für die Wirtschaft als auch für die Arbeitnehmer ein enormer Gewinn.

„Wir müssen lernen, stolz darauf zu sein, deutsche Sprachkenntnisse zu besitzen und daraus einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen zu können.“

Wissenschaftliche Meinung
Diese Sichtweite wurde auch aus dem akademischen Bereich von Dr. Gabriela Rykalová, Prodekanin für Wissenschaft und Internationale Beziehungen an der Schlesischen Universität in Troppau, unterstützt. Durch das universitäre Sprachniveau werden die Studenten zu enorm wertvollen Arbeitnehmern und somit zum wirtschaftlichen Gewinn der Region. Fachspezifische Kenntnisse könne man innerhalb der jeweiligen Branche erlernen, aber die deutsche Sprache fließend zu beherrschen dauert Jahre. Um die Universitäten und ihren Lehrauftrag zu unterstützen, müssen die Firmen, das Bildungssystem und die Politik, Hand in Hand gehen. Nur wenn dies geschieht, kann man die Zahl deutschsprachiger Studenten ausbilden, die wiederum die Wirtschaft stärken und damit auch die Kommunen – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligte, schließt Rykalová ihr Statement.

Teilnehmer der Konferenz – Manuela Leibig

Diese Aussage bestätigte auch der Moderator der Debatte und Assistenzprofessor am Institut für Linguistik der Universität Oppeln, Dr. Jaroslaw Bogacki. In den letzten Jahren ist die Zahl der Studenten immer weiter zurückgegangen. Das liegt an Faktoren wie den geburtenschwachen Jahrgängen, aber auch an den politischen Umständen, bspw. wurde Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache stark gekürzt oder komplett gestrichen. Eine Entwicklung, die von wirtschaftlichen und akademischen Vertretern während der Konferenz kritisiert wurde. Von Seiten der Vertreter des Kuratoriums wurde zugesagt, diese Kritik weiter zu tragen und an Lösungen zu arbeiten.

Das Bild der Sprache verbessern
Ein weiterer Lösungsansatz der Universität Oppeln besteht darin, das Studienangebot rund um die deutsche Sprache so attraktiv wie möglich zu gestalten: Das Studieren der deutschen Sprache in deutscher Sprache oder über die Werbung für die enorm guten Karriereaussichten der Absolventen auf Social-Media-Kanälen. Darüber hinaus muss auf überregionaler Ebene daran gearbeitet werden, dass Bild der Sprache zu verbessern, sowohl bei der jüngeren Generation als auch bei den Eltern, erläutert Bogacki und sagt: „Es ist heute ganz deutlich geworden: Die Region braucht noch mehr Personen mit Deutschkenntnissen“.
Solche Konferenzen sind ein erster Schritt, um alle Akteure an einen Tisch zu holen, gemeinsame Interessen zu finden und konkrete nächste Schritte zu planen. Grundsätzlich freue sich Bogacki aber, diese durchaus positive Entwicklung in der Region zu beobachten. Die Universität Oppeln sei gerne bereit, die Leitung zu übernehmen, wenn es darum geht, in Zukunft ein sprachliches Hub, ein Zentrum für deutsche Sprachkenntnisse, in der Region zu gestalten. „Deutsche Sprachkenntnisse sind ein starker Wirtschaftsfaktor und die Woiwodschaft Oppeln hat ihn! Investoren sind diesem Faktor gefolgt und jetzt müssen wir, alle Akteure dieser Entwicklung, gemeinsam daran arbeiten, die Zukunft zu gestalten“, fasst Bogacki die Debatte zusammen.

Annemarie Zertisch

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