Deutsch soll Spaß machen!

wochenblatt.pl 1 tydzień temu
Zdjęcie: Sebastian Gerstenberg ist auch einer der Veranstalter des Theaterprojekts Jugendbox Foto: Tomasz Chabior


Sebastian Gerstenberg ist Deutschlehrer mit einer 26-jährigen Berufserfahrung. Er unterrichtet in Deutsch in der Grundschule Rasselwitz/Racławice Śląskie. Zudem ist er Vorsitzender der deutschen Minderheit in der Gemeinde Oberglogau und Vizevorsitzender der Deutschen Bildungsgesellschaft in Oppeln. Außerdem koordiniert er die Jugendprojekte „Schullandheim“ und „Jugendbox“. Mit dem vielbeschäftigten Pädagogen sprach Anna Durecka über seine Arbeit, sein Engagement für die deutsche Minderheit und die Bedeutung der deutschen Sprache für die junge Generation.

Wir sprechen heute kurz vor dem Beginn des neuen Schuljahres. Freuen Sie sich schon auf die Schule? Mit welchen Gefühlen gehen die Lehrer an den ersten Schultag ran?

Also, ich bin gerade aus dem Urlaub gekommen und meine Batterien sind voll (lacht). Ich kann ruhig sagen: Ich freue mich schon auf das neue Schuljahr. Obwohl – wie jedes Jahr – kommen Neuigkeiten auf uns Lehrer zu und das bedeutet auch neue Herausforderungen.

Sebastian Gerstenberg in seinem Büro bei der Deutschen Minderheit in Oberglogau
Foto: Tomasz Chabior

Wenn wir schon dabei sind, dann erläutern wir vielleicht, welche Neuigkeiten das in diesem Schuljahr sind?

Wenn es um die deutsche Sprache geht, dann sind es gute Nachrichten. Denn ab September dürfen die Kinder, die Deutsch als Minderheitensprache lernen, wieder in der siebten und achten Klasse dieses Fach fortsetzen. Das ist sehr gut, denn dadurch haben die Kinder Kontinuität. Sie können auf dem Niveau, auf dem sie bisher gelernt haben, weitermachen. Die Entscheidung fiel allerdings erst Anfang Juli, das wiederum war alles äußerst kurzfristig. Viele Schulen hatten schon Lehrbücher bestellt und können diese Änderung einfach aus organisatorischen Gründen nicht mehr umsetzen. Aber ich glaube, im nächsten Schuljahr wird es schon besser aussehen.

Wie sind Sie zur deutschen Sprache gekommen? War sie schon immer Teil Ihres Lebens?

Meine Großeltern haben hier in Oberglogau gelebt, als diese Gebiete deutsch waren. Und nach dem Zweiten Weltkrieg sind sie hiergeblieben. Die deutsche Sprache existierte also in unserem Haus. Ich habe eine fünf Jahre ältere Schwester, mit der meine Eltern Deutsch gesprochen haben. Aber dann ging sie in die Grundschule und hatte Probleme mit der polnischen Sprache. Meine Eltern meinten: Mit dir machen wir diesen Fehler nicht. Und mit mir haben sie nicht Deutsch gesprochen. Aber ich hatte das Glück, dass die Wendezeit kam. Auf einmal waren überall Satellitenschüsseln, und bei uns zu Hause lief nur deutsches Fernsehen. So habe ich die deutsche Sprache gelernt. Neben mir saßen Oma und Eltern, und sie haben mir alles übersetzt. Es dauerte nicht lange, dann konnte ich schon sehr viel verstehen. Im Bautechnikum habe ich dann endlich auch die deutsche Grammatik gelernt. Später habe ich Germanistik studiert, drei Jahre am Lehrerkolleg in Oppeln und meinen Magister habe ich schließlich in Breslau gemacht.

Sebastian Gerstenberg ist auch einer der Veranstalter des Theaterprojekts “Jugendbox”
Foto: Tomasz Chabior

Wollten Sie schon immer Lehrer werden?

Das ist eine lustige Geschichte. In der ersten Stunde am Lehrerkolleg fragte einer der Professoren: „Wer von euch will kein Lehrer werden?“ Ich war der Erste, der die Hand hob und sagte: „Nein, ich will überhaupt nicht Lehrer sein. Ich werde wahrscheinlich als Übersetzer arbeiten.“ Dann habe ich ein Praktikum in der Grundschule und im Lyzeum gemacht – und das hat mir gefallen. Da wusste ich: Das ist es, was ich machen will.

Sie haben einen guten Kontakt mit der jungen Generation.

Ja, ich denke schon. Ich versuche, die Jugendlichen und Kinder zu verstehen und mir immer zu überlegen: Wie würde ich in bestimmten Situationen reagieren? Das hilft mir sehr bei der Arbeit mit den Kindern.

Bei den Vorstellungen der Jugendbox sitzt er auch mal im Publikum
Foto: Tomasz Chabior

Wie unterrichten Sie Deutsch, sodass die Kinder auch Spaß daran haben?

Also, wir müssen bestimmt von Buch und Tafel als Unterrichtswerkzeuge wegkommen und uns stärker auf das Praktische konzentrieren. Im Deutschunterricht muss was los sein. Die Kinder müssen sich bewegen, in meiner Klasse suchen sie Wörter oder müssen selbstständig etwas herausfinden. Das ist die beste Methode, denke ich. Man muss Kinder immer vor neue Herausforderungen stellen. Ich finde immer Schüler, die mehr machen wollen. Und das muss man sehen und nutzen, damit die Kinder sich weiterentwickeln. Die Kinder und Jugendlichen müssen wissen, dass nur das Lernen in der Schule allein nicht ausreicht. Sie müssen lernen, Freude am Lernen zu haben und versuchen, auch nach der Schule mit der Sprache in Kontakt zu bleiben – zum Beispiel durch Serien oder Musik. Ich frage oft: „Hast du eine Lieblingsserie?“ – „Na, dann guck sie doch mit deutschen Untertiteln!“ Und das funktioniert. Man muss der jungen Generation zeigen, dass Sprache auch Spaß machen kann.

Wie wichtig ist der Deutschunterricht in der Schule für die Entwicklung der deutschen Identität bei der jungen Generation?

Bei mir war er nicht so bedeutsam, weil ich die Sprache zu Hause gelernt habe. Ich kannte die Traditionen, die Kultur, und ich habe das auch in meiner Familie eingeführt. Meine Kinder sprechen ebenfalls Deutsch. Aber in vielen Familien hat die mittlere Generation die Sprache nicht gelernt und konnte sie nicht weitergeben. Oft lernen Kinder Deutsch nur in der Schule, zumal die Generation der deutschsprachigen Großeltern fast schon ausgestorben ist. Aber wir haben deutsches Fernsehen, Netflix und vieles mehr – dadurch haben wir die Möglichkeit, das auszugleichen.

S. Gerstenberg: „Die Kinder und Jugendlichen, müssen wissen, dass nur das Lernen in der Schule allein nicht ausreicht. Sie müssen lernen, Freude am Lernen zu finden und versuchen, mit der Sprache auch nach der Schule irgendwie in Kontakt zu bleiben.“

Sie sind auch Leiter des Projekts „Jugendbox“. Wie kam es dazu?

Vor elf Jahren wurde ich vom damaligen VdG-Vorsitzenden Bernard Gaida angesprochen. Er meinte, es wäre gut, etwas für die junge Generation vorzubereiten, was nach den Samstagkursen für Jugendliche interessant sein könnte. Zusammen mit Ela Wydra und Danka Cholewa haben wir dieses Projekt entwickelt. Dann kam noch Romana Janik dazu, die viele neue Ideen eingebracht hat. Dieses Jahr feiern wir das 10. Jubiläum der „Jugendbox“.

Waren Sie überrascht, dass man Kinder so für Theater begeistern kann?

Ich habe von Anfang an beobachtet, wie toll sich die Jugendlichen in dem Projekt entwickeln. Besonders schön fand ich, dass Jugendliche, die schüchtern waren und Deutsch anfangs nicht gut gesprochen haben, nach drei, vier Jahren auf der Bühne standen und fließend Deutsch sprachen. Das fand und finde ich genial an dem Projekt. Das Allerbeste ist, dass die Jugendlichen, die am Anfang dabei waren, heute selbst auf der Bühne stehen und die Moderation des Theaterfestivals, das jedes Jahr in Oberglogau stattfindet, übernehmen. Man sieht, welchen Einfluss das Projekt auf Sprache und Entwicklung der Jugendlichen hat.

Sebastian Gerstenberg lebt und arbeitet in Oberglogau
Foto: Tomasz Chabior

Sie sind auch Vorsitzender der deutschen Minderheit in der Gemeinde Oberglogau.

Ja, wir haben 15 DFKs in der Gemeinde. Ich muss sagen, die meisten sind sehr aktiv. Jedes Jahr haben wir Samstagkurse, außerdem gibt es Jugendboxgruppen. Besonders freut mich, dass die DFKs ihren Fokus auf die Jugendlichen setzen. Das finde ich wunderbar. Oberglogau ist zudem geschichtlich sehr interessant: Hier weilte Beethoven und wir hatten die Familie von Oppersdorff.

Sie haben hier coole Sachen.

Ja genau, wir haben coole Sachen (lacht). Und das haben wir auch genutzt. Zum Beispiel organisieren wir Schullandheime.

Als Lehrer gibt Sebastian Gerstenberg alles
Foto: Tomasz Chabior

Das ist auch Ihre Idee gewesen, oder?

Ja, das war meine Idee. Bei einem Treffen mit Rafał Bartek kam sie auf, und ich war sofort dabei. Nach der ersten Ausgabe waren die Teilnehmer sehr positiv überrascht. Wir haben einen Beethoven-Tag, einen Gesang-Workshop mit Oskar Koziołek-Götz. Dann besuchen die Jugendlichen drei Friedhöfe in Oberglogau. An einem Tag bereiten die Kinder das Testament der Familie von Oppersdorff vor, es geht um den Nachlass der Familie. Die Teilnehmer besuchen Bauwerke, die von den von Oppersdorffs gestiftet wurden. Sie erleben das Testament nach. Außerdem gibt es einen Besuch im Heimatmuseum in Friedersdorf. Dort haben die Kinder einen Kochworkshop mit der Leiterin Róża Zgorzelska und bemalen mit dem Oppelner Muster Porzellan. Ein weiterer Tag ist dem berühmten Maler Jan Cybis gewidmet, der in Fröbel, Gemeinde Oberglogau, geboren wurde. Die Kinder gehen nach draußen und malen, was sie in der Umgebung sehen. Es ist viel Programm für eine Woche, aber so haben die Kinder keine Zeit für Langeweile.

Als DFK-Vorsitzender, was ist Ihnen noch wichtig in Ihrer Stadt, in Ihrer Umgebung?

Für mich ist es wichtig, Zeichen zu setzen, die zeigen, dass dies einst deutsche Gebiete waren und dass es hier die deutsche Minderheit gibt. Wir haben zwei Infotafeln aufgestellt – eine auf dem evangelischen Friedhof und eine auf dem Friedhof, auf dem deutsche Soldaten begraben sind. Das hat mich sehr gefreut.

In seiner Heimatstadt ist er auch regelmäßig unterwegs
Foto: Tomasz Chabior

Haben Sie weitere Pläne dieser Art?

In Oberglogau wurde Pfarrer Albert Wilimski geboren. Mit meiner Schule in Deutsch Rasselwitz organisieren wir seit drei Jahren ein historisches Projekt in dem dieses Jahr er unser Held war – anlässlich des 800-jährigen Gründungsjubiläums der Stadt Oberglogau. Dabei entstand die Idee, eine Gedenktafel für Albert Wilimski an der Kirche anzubringen. Ich habe schon mit unserem Pfarrer Ryszard Kinder gesprochen, der uns helfen will, das zu organisieren. Auch der Bürgermeister findet die Idee gut. Ich hoffe, dass es klappt, zusätzlich eine zweisprachige Ausstellung aus Deutschland zu holen – daran arbeite ich bereits.

Freizeit ist wohl ein Fremdwort für Sie?

Ich war, wie gesagt, gerade im Urlaub und habe versucht, nicht an die Arbeit zu denken. Es ist mir fast gelungen.

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